Tagesschulen in der Region Bern: Ausbauen und weiterentwickeln

Die Tagesschulen in Bern und Köniz stehen vor ähnlichen Herausforderungen: Sie sind sehr gut besucht, und haben dadurch oft Platzprobleme. Die Schwierigkeiten bei der Infrastruktur zeigen exemplarisch, dass Bildung und Betreuung heute noch klar getrennt werden. Zum Nachteil der Kinder. Erschienen im Regiolinks, November 2016

Erschienen im Regiolinks, November 2016

Dass der Schulraum in Bern und Köniz knapp ist, ist bekannt. Oft vergessen wird dabei die prekäre Lage der Tagesschulen. Sie sind den Schulen angegliedert und in der Regel in bestehendem Schulraum untergebracht. Wird der Schulraum knapp, wird also auch der Tagesschulraum knapp. Kommen mehr Kinder in die Schule, kommen mehr Kinder in die Tagesschule.

Das traditionelle Familienmodel wird seit der Jahrtausendwende immer seltener gelebt. Die Mütter, gleich gut ausgebildet wie die Väter, arbeiten immer häufiger. Parallel dazu wurde in Bern und Köniz, wie auch in vielen anderen Schweizer Städten, der Kita-Ausbau vorangetrieben. Heute bleiben die Familien gerne in der Stadt, gerade weil die familienergänzenden Betreuungsstrukturen hier besser ausgebaut sind.

Dass Familien heute in der Stadt bleiben, hat viele überrascht. Diese Entwicklung ist in einer relativ kurzen Zeitspanne geschehen, und wurde von Politik und Verwaltung zuerst nicht als langfristiges Phänomen verstanden. Darum sind wir heute in einer Situation, in welcher der Schulraum sehr knapp ist, und die Tagesschulen rekordhohe Anmeldungen verzeichnen.

Tagesschulen dürfen Kinder nicht abweisen, so schreibt es das Volksschulgesetz vor. Und das ist gut so. Werden die Tagesschulen aber nicht den Bedürfnissen entsprechend ausgebaut, führt dies zu schwierigen Situationen. So werden oft Räume ausserhalb der Schule zu gemietet, und die Kinder müssen während des Tages zwischen unterschiedlichen Standorten wechseln. Das kann zudem je nach Tag variieren, so dass es wenig Konstanz im Alltag der Kinder gibt. Die Tagesschulen ihrerseits müssen viel Zeit in die Organisation stecken. Gerade die Mittagstische sind oft sehr gefragt, und finden in nicht geeigneten Räumen statt, welche zum Beispiel den Schall nicht dämpfen. „Es ist so laut“, ist etwas, was viele Kinder vom Mittagstisch erzählen, und Betreuungspersonen bestätigen.

Solange Bildung und Betreuung im Alltag der Kinder klar getrennt werden – also hier die Schulen und dort die Tagesschulen – bleibt es schwierig, ein Umfeld für Kinder zu schaffen, welches ihnen entspricht und in dem sie sich wohl fühlen. Denn durch die vielen Übergängen – andere Standorte, andere Betreuungspersonen, andere Gruppen – erleben die Kinder den Alltag zerstückelt.

Die Schulen in Bern und Köniz wurden zu einer Zeit gebaut, als es weder Basisstufen noch Tagesschulen gab. Sie werden den aktuellen Herausforderungen oft nicht gerecht. Die Räume müssen so gebaut sein, dass sie mehrfach genutzt werden können, um die strikte (räumliche) Aufteilung von Bildung (Schule) und Betreuung (Tagesschule) auch bei der Schulraumplanung aufzuweichen. Einfach ein paar zusätzliche Räume für die Tagesschule pro Schulanlage einzuplanen, reicht nicht.

Der kommende Infrastrukturausbau ist also eine einmalige Gelegenheit, um einen nächsten Schritt hin zu einem ganzheitlichen Lern- und Lebensort für Kinder zu machen. Dafür braucht es ein umfassendes Verständnis von Schule als ganzheitliches Angebot für Kinder. Damit dies entstehen kann, müssen die direkt Betroffenen, nämlich die Schulen und Tagesschulen, aber auch die Eltern und vor allem die Kinder, mit einbezogen werden.  

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