Köniz: Lokales Gewerbe, Kultur und Bevölkerung nicht alleine lassen!

Auf die Corona-Krise war niemand vorbereitet. Darum gibt es auch keine einfachen Konzepte aus der Schublade. Inaktiv sein und nichts tun können wir uns aber nicht leisten. Bund, Kanton und Gemeinde müssen alle Verantwortung übernehmen und besser zusammenarbeiten. Denn gerade jetzt dürfen wir Gewerbe, Kultur und Bevölkerung nicht alleine lassen. Um die kommende Volkswirtschaftskrise einzudämmen, müssten auch Städte und Gemeinden eine proaktive Rolle übernehmen. Ich habe in Köniz eine entsprechende Motion eingereicht und mir Gedanken gemacht, was die Gemeinde trotz finanziell schlechten Aussichten konkret tun könnte.

Die Situation ist ernst. Wer daran noch Zweifel hatte, wurde in den letzten Wochen eines Besseren belehrt. Die Corona-Krise trifft uns alle, und sie wird uns noch eine Weile beschäftigen. Tagtäglich erreichen uns Nachrichten von hohen Ansteckungszahlen, Hospitalisierungen, Todesfällen und der Belastung der öffentlichen Gesundheitsstrukturen.

Um die Krise einzudämmen, mussten erneut strenge, gesundheitspolitische Massnahmen getroffen werden. Das ist richtig und dringend notwendig. Es braucht gleichzeitig aber auch Massnahmen, um die volkswirtschaftliche Krise einzudämmen.

Grosskonzerne wie Zalando profitieren

Das volle Ausmass der Krise schlägt diese Tage richtig durch: Vielen Betrieben, Selbstständigerwerbenden und Kutlurschaffenden steht das Wasser unterdessen bis zum Hals. Die Konjunkturaussichten sind schlecht, und mit einer raschen wirtschaftlichen Erholung ist nicht zu rechnen. Die Unsicherheit ist gross und die Planungssicherheit gering.

Alle verlieren? Nicht alle, es gibt auch Gewinner. Gewinnen tun Grosskonzerne wie Amazone und Zalando. Zalando beispielsweise macht einen Gewinn von fast 120 Millionen Euro, im vergleichbaren Vorjahreszeitraum waren es 6 Millionen. Das ist 20 Mal mehr. Diese Unternehmen bezahlen in Köniz keine Steuern. Das Geld fliesst noch mehr als sonst ins Online-Shopping ab, während das lokale Gewerbe das Nachsehen hat.

Wie sieht Köniz nach der Krise aus?

Ich frage mich, wie Köniz nach der Krise aussehen wird. Wie viele weitere Restaurants werden schliessen? Wie viele Blumenläden? Wie viele Coiffeuresalons? Wie viele kleine Läden? Werden wir zu Schlaf-Agglo?

Wir leben in einem föderalistischen System. Im besten Fall bedeutet dies, dass jede Ebene ihre Verantwortung in ihrem Bereich wahrnimmt. Ich würde behaupten, dass dies normalerweise relativ gut funktioniert. In einer Krisensituation scheint dieses System aber an seine Grenzen zu kommen. Alle sind überfordert, und schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu.

Bund und Kanton streiten aktuell darum, wer welchen Anteil an den Härtefallentschädigungen tragen soll. Einig ist man sich einzig, dass es dringend ist und zu wenig Gelder vorgesehen sind. Beim Hin- und Herschieben geht viel Zeit verloren. Ich frage mich, wie es bei den betroffenen Kleinunternehmen ankommen, die unverschuldet vor dem Konkurs und vor dem Verlust ihrer Existenzgrundlage stehen.

Gemeinde soll aktiv sein

Bund und Kanton sind in unserem föderalistischen System zuständig fürs Grosse und Ganze. Aber auch die Gemeinde hat Kompetenzen, Aufgaben und insbesondere ein Interesse daran, dass die lokale, diverse Wirtschaftsstruktur und das öffentliche Leben erhalten bleiben. Ich finde, wir sollten uns nicht wie Bund und Kantone verhalten und die Verantwortung abschieben, sondern sie in dem Bereich übernehmen, wo wir Kompetenzen und Spielraum haben.

Die Gemeinde kann eine ergänzende, wichtige Rolle in diesen unsicheren Zeiten spielen. Sie hat den Vorteil der Nähe zum Kleingewerbe, den lokalen Dienstleistungsbetrieben, den Selbstständigen, den Kulturschaffenden, Sportorganisationen und der Bevölkerung. Das braucht keine unbegrenzten finanziellen Mittel, aber einen klaren Willen und kreative Ideen, um positive volkswirtschaftliche Impulse auszusenden.

Unterstützung für Gewerbe, Dienstleitungsunternehmen und Selbstständige

Genau das wollte ich mit meinem Vorstoss auf Gemeindeebene erreichen. Die Gemeinde muss eine aktive Rolle bei der Corona-Bewältigung einnehmen. Und zwar im Rahmen der aktuellen finanziellen Möglichkeiten. Denn wenn wir nichts tun, verstärken wir die Finanzschwierigkeiten von Köniz noch.

Die SP Motion verlangte einerseits, dass der Gemeinderat “Selbst Massnahmen zur Entlastung des lokalen Kleingewerbes und Selbstständigerwerbender ergreift und sich auf kantonaler und nationaler Ebene zusammen mit anderen Gemeinden für weitergehende Massnahmen einsetzt“.

Dieser Punkt war absichtlich offen formuliert, damit die Exekutive für die sich ändernde Ausgangslage einen Spielraum hat. Da der Gemeinderat selbst keine Ideen einbrachte, habe ich mir ein paar Gedanken gemacht, was die Gemeinde trotz schwieriger finanzieller Lage aktuell tun könnte: 

  • Die Gemeinde kann auf ihren Kommuniaktionskanälen wie im «Innerorts», auf ihrer Internetseite oder auf FB noch aktiver kommunizieren und mit der Bevölkerung in den Dialog treten: In dem sie z.B. einen Aufruf zu lokalem Einkaufen macht, dazu aufruft, Weihnachtsessen auf Gutscheine umzubuchen (die Gemeinde kann dies auch selbst tun), lokale Angebote der betroffenen Branchen sammelt oder bestehende lokale Plattformen verlinken.
  • Die Gemeinde kann den betroffenen Branchen wie der Gastronomie entgegenkommen, in dem z.B. die Benützung des öffentlichen Raums für Aussenbestuhlung oder Zelte mit Bewirtung vereinfacht wird und kostenlos ist.
  • Die Gemeinde kann den Kontakt mit lokalem Kleingewerbe, Dienstleistungsbetrieben,  Selbstständigerwerbenden  und Kulturschaffenden und Sportorganisationen intensivieren, sie begleiten, herausfinden was fehlt, welche Sorgen da sind, was es für Möglichkeiten gibt sie auf lokaler Ebene zu lösen oder sie ggf. auf kantonale oder nationale Ebene weiterleiten.
  • Die Gemeinde kann sich überlegen, in welchem Rahmen gezielte finanzielle Unterstützungen sinnvoll und machbar sind. 
Für die Kaufkraft der Bevölkerung

Andererseits verlangte die Motion auch, dass der Gemeinderat die Kaufkraft der Bevölkerung stärkt, beispielsweise durch die Ausgabe von Gutscheinen, welche die Könizerinnen und Könizer befristet bei Betrieben und Organisationen aus Gewerbe, Gastronomie, Kultur und Sport mit Hauptsitz in Köniz einlösen können.

Angebot und Nachfrage gehören zusammen. Auch die Bevölkerung ist massiv von Corona betroffen. Wer monatelang in Kurzarbeit ist, kann auch weniger Geld ausgeben. Meine Coiffeuse sagt klar, dass die Leute zuerst beim Coiffeurebesuch sparen. Ähnlich ist es auch beim Restaurantbesuch, bei der Floristin, etc. Dieser Punkt wird langfristig wichtig und es lohnt sich, darüber nachzudenken, wie die Gemeinde die lokale Nachfrage ankurbeln könnte. 

Gemeinsam, koordiniert und ergänzend

Ja, Bund und Kanton sollen Verantwortung übernehmen, wie dies der Gemeinderat in seiner Antwort auf meine Motion schreibt. Aber auch die Städte und Gemeinden müssen sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten und in Ergänzung zu Bund und Kanton, und gut koordiniert mit letzteren, für die diverse Wirtschaftsstruktur, den Erhalt der lokalen Arbeitsplätze, des öffentlichen Lebens und für die Bevölkerung einsetzen. Denn gerade jetzt dürfen wir Gewerbe, Kultur, Sport, Organisationen und Bevölkerung nicht alleine lassen. 

In der Könizer Parlamentsdebatte vom 16.11.2020 wurde klar, dass sich SP, Grüne, FDP und SVP einen aktiven Gemeinderat in der Coronakrise wünschen. Doch FDP und SVP konnte sich nicht dazu durchringen, die Motion anzunehmen. Die Beispiele, was die Gemeinde tun könnte, wurden zwar unterstützt. FDP und SVP möchten aber auf keinen Fall zusätzliche Mittel ausgeben, und wollten daher, dass der Gemeinderat auch ohne Annahme der Motion aktiv wird. Als es um die Kaufkraft der Bevölkerung gind, wollte gar nur noch die SP handeln. Aus meiner Sicht ist es ein Fehler, dass sich die Gemeinde nicht zu einer aktiveren Politik durchringen kann. Es wird weiterhin Druck brauchen. 

Wie geht es dir?

Hast du ein Kleingewerbe, ein lokales Dienstleistungsunternehmen, bist du Kulturschaffende-r oder Selbstständigerwerbende-r in Köniz? Bist du Mitglied in einem Sportverein? Freiwillige-r in einer Organisation? Wie erlebst du die aktuelle Situation und was fehlt dir? Hier kannst du mir schreiben.

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